Bei den Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit den Vereinigten Staaten wusste Russland schon, dass sie ihn nicht mehr als die vorherigen respektieren würden. Aber Moskau hatte auf Fortschritte im Hinblick auf die Anerkennung einer multipolaren Welt gehofft. Für die letzte Chance einer Einigung schob Washington, seinerseits, das Ende der Präsidentschaft von Obama vor.

Lassen wir den israelischen Versuch, um den Waffenstillstand für einen Angriff auf Damaskus und den Golan auszunutzen, beiseite. Tel Aviv hat Schüsse einer neuen Raketen-Generation zu spüren bekommen, hat ein Flugzeug verloren und muss eine zweites reparieren. Es scheint, Syrien sei nun in der Lage, die regionale Luftvorherrschaft Israels zu bestreiten.

Lassen wir auch die europäischen Staats- und Regierungschefs beiseite, die dieser Vereinbarung Beifall gezollt haben, ohne den Inhalt zu kennen und die sich damit lächerlich gemacht haben.

Kommen wir zu den Fakten: der humanitäre UN-Konvoi war nämlich voll von Waffen und Munition. Er wartet noch immer an der türkischen Grenze, offiziell, weil die Straße nicht sicher sei, inoffiziell, weil Syrien angefragt hat, ihn vor der Weiterfahrt durchsuchen zu können. Diese Art des Vorgehens der Vereinten Nationen entspricht den Enthüllungen des ehemaligen Leiters des türkischen Anti-Terrorismus, Ahmet Sait Yayla, der derzeit auf der Flucht aus der Türkei ist: das Pentagon und die Türkei verwenden humanitäre Konvois, um die Dschihadisten zu bewaffnen.

Und dann hat das Pentagon eine syrische statische Position bei Deir Ez–Zor angegriffen. Es hat den Angriff erst gestoppt, als Russland es über seinen „Irrtum“ informiert hat. Und das Pentagon ließ die Dschihadisten ihren Angriff auf dem Weg, den man ihnen somit geebnet hatte, weiterführen.

Auf strategischer Ebene, um die syrische arabische Armee an der Befreiung von dem ganzen Deir Ez-Zor Gouvernement zu hindern, genügt es, Daesh in seiner Rolle als Hindernis auf der Straße von Damaskus- Bagdad- Teheran beizubehalten. In der Vergangenheit hatte das Pentagon Daesh erlaubt, Palmyra, die historische Etappe der "Seidenstraße", zu besetzen. Heute ist die Straße immer noch auf der irakischen Seite durch die Dschihadisten abgeschnitten, könnte aber über Deir Ez–Zor umgangen werden, wenn die Iraker Mosul befreien.

Aus US-amerikanischer Sicht war das Abkommen nur ein Mittel, um Zeit zu gewinnen, um die Dschihadisten zu versorgen und um den Krieg fortzusetzen. Mit der Umkehrung der diplomatischen Situation, hat Russland eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats einberufen, was in Washington Panik auslöste. In der Tat fällt in diesen Zeitraum nicht nur das Ende von Obamas Mandat, sondern auch die Durchführung der Generalversammlung der Vereinten Nationen.

Die offensichtlich sehr besorgte US-Botschafterin am UN-Sicherheitsrat, Samantha Power, verließ den Konferenzraum mitten in der Sitzung, um sich an die Journalisten zu wenden. Sie hoffte so, dass die ersten Agenturdepeschen nur die amerikanische Darstellung verbreiten würden. Sie hat sich daher über die russische „Inszenierung“ lustig gemacht, über etwas, was nur ein einfacher "Fehlschuss“ (62 Tote und 100 Verletzte!) gewesen wäre. Dann gab sie sich einer Schmährede hin, über die weitaus schwerwiegenderen Verbrechen des Regimes von Damaskus. Über die Manipulation alarmiert, verließ der russische Botschafter, Vitali Churkin, dann den Konferenzsaal, um seinen Standpunkt abzugeben. Die vorsichtig gewordenen Journalisten, denen das britische House of Commons die Lügen von Frau Power über die angeblichen Verbrechen von Muammar Gaddafi in Erinnerung gerufen hatte, berichteten dann doch über beide Darstellungen.

Von nun an wird Russland seinen diplomatischen Vorteil weiter nutzen: die Vereinigten Staaten wurden des Verrates in flagranti ertappt. Moskau könnte die Generalversammlung dazu benützen, um seinen Willen anzukündigen, die Dschihadisten zu vernichten. Die US-Manipulation könnte sich gegen jene wenden, die sie ausgedacht haben. Washington hätte nur mehr zwei Optionen: entweder sich in eine offene Konfrontation einzulassen, was es aber nicht will, oder zu akzeptieren, dass seine Schützlinge das Spiel verlieren.

Übersetzung
Horst Frohlich
Sabine
Quelle
Al-Watan (Syrien)

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Al-Watan #2481
(PDF - 163.5 kiB)