Offiziell ist das Opus Dei nur eine internationale katholische Vereinigung. Seine Tätigkeit würde sich auf den geistlichen Rat seiner 79.303 Anhänger (d.h. 1.506 Priester, 352 Seminaristen und 77.445 Laien) beschränken. Mitglieder wählte sie aus lateinamerikanischen und europäischen Gotha. Unter ihnen sind die Chefs multinationaler Konzerne, Presse- und Finanzmagnaten, Staats- und Regierungschefs. Von jedem erfordert es strenge Disziplin und völligen Gehorsam. Auch wenn sie vorgibt, ihre "persönlichen" politischen Aktivitäten zu ignorieren, kann die Vereinigung durch sie dem Volk ihre Werte aufzwingen.

Diese Sekte wurde am 2. Oktober 1928 von einem jungen spanischen Priester bescheidener Herkunft, Pater Escriva, gegründet. Es ging für die Anhänger darum, Heiligkeit zu erlangen, indem sie an der Errichtung eines theokratischen Regimes teilnahmen, dessen Prophet Escriva war. Der Bürgerkrieg erschien ihnen als die unerwartete Gelegenheit, den katholischen Staat ihrer Träume zu errichten. Pater Escriva wurde Gewissens-Direktor von General Franco. Gemeinsam rehabilitierten sie das alte Prinzip "Cujus regio, ejus religio" (wessen Staat, dessen Religion)

Das Opus Dei machte sich daran, die Eliten der Diktatur auszuwählen und auszubilden, bis sie den größten Teil der Macht kontrollierten. So wurde in den siebziger Jahren die Regierung von Admiral Carrero Blanco als "monocolor" bezeichnet: Von neunzehn Ministern waren zwölf Opusianer. Obwohl er keine direkte Verantwortung im Regime ausübte, hörte der "Padre" nicht auf, den Generalissimus zu beraten. Er war es, der die Wiederherstellung der Monarchie göttlichen Rechts vorschlug, von der Franco zum Regenten auf Lebenszeit erklärt wurde.

Pater Escriva erwog, sich zum Regenten ausrufen zu lassen, wenn der Tod des Caudillo eintreten würde. Deshalb wurde er 1968 unter dem Titel Bischof Escriva de Balaguer, zum Marquis von Peralta geadelt. Dieser Plan wurde jedoch geändert, da Franco im folgenden Jahr Prinz Juan Carlos I. von Bourbon zu seinem Nachfolger ernannte. Alles in allem hatte Bischof de Balaguer andere Ambitionen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte er sich in Rom niedergelassen und arbeitete daran, seine Macht in Lateinamerika auszubauen. Opus-Die-Oratorien waren in spanischen Botschaften installiert worden, die seine Kontakte zu den lokalen Eliten erleichterten. Er gab seinen geistlichen Rat an alle, die gegen den Kommunismus kämpfen und den katholischen Glauben in ihrem Land stärken wollten. So eilte er 1974 nach Santiago de Chile, um mit drei seiner "geistlichen Söhne", General Pinochet, Admiral Mérino und General Leigh, eine Dankfeier abzuhalten.

Monseigneur de Balaguer hätte seine "Arbeit" gerne in Europa ausgeweitet, wurde aber durch die diplomatische Isolierung Spaniens teilweise daran gehindert. Seine Ziele waren die Schaffung einer antikommunistischen Internationalen (vergleichbar mit dem Franco-Mussolini-Hitler-Bündnis während des Bürgerkriegs), die Öffnung des franquistischen Spaniens und die Förderung der europäischen Integration.

1957 ließ er in Madrid von Erzherzog Otto von Habsburg-Lothringen das Europäische Dokumentations- und Informationszentrum (CEDI) einrichten und beteiligte sich dank zweier weiterer seiner "geistigen Söhne", Alcide de Gasperi und Robert Schuman, an der Ausarbeitung der Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Wie General Franco, starb auch der "Padre" 1975. Es wurde fälschlicherweise geglaubt, dass das Opus Dei mit ihnen in der Hölle verschwinden würde. Der Aufschwung kam drei Jahre später, 1978, wieder. Das Opus Dei nutzte die Intrigen, die das Heilige Kollegium lahmlegten, und schaffte es, die Kardinäle davon zu überzeugen, einen seiner Prediger zum Papst zu wählen: den Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyla. Von da an wird die Sekte den diplomatischen Apparat des Vatikanstaates und die religiöse Organisation der katholischen Kirche zu ihrem eigenen Vorteil kapern.

Johannes Paul II. ernannte in seinem Kabinett fast ausschließlich Opusianer und arbeitete daran, jeden Widerstand innerhalb der Kirche zu brechen. Dafür ließ er den Oberen der Jesuiten, Pedro Aruppe, "aus gesundheitlichen Gründen" - isolieren und ernannte einen provisorischen Verwalter ihres Ordens in der Person eines Opusianers, Pater Dezza. Aber er wagte es nicht, die Gesellschaft Jesu aufzulösen. Er führte eine gigantische Kontroll-Übernahme lateinamerikanischer Priester durch, die sich schuldig gemacht hatten, marxistische Analysen zu teilen und sich katholischen Diktaturen zu widersetzen.

Zwei Männer dienten eifrig seiner Politik: Bischof Josef Ratzinger, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, und Bischof Alfonso Lopez Trujillo, Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie. In Bogotá wurde ein Überwachungszentrum eingerichtet, das mit einem Computer mit strategischer Kapazität ausgestattet ist, dessen Terminals in der Vatikanstadt installiert sind. Es zeichnete alle politischen Aktivitäten der lateinamerikanischen Ordensleute auf. Aufgrund dieser Information wurden Pater Ignacio Ellacuria oder Bischof Oscar Romero von "Todesschwadronen" ermordet. Schließlich verkündete Johannes Paul II. einen neuen Kodex des kanonischen Rechts, dessen Hauptarchitekt ein Prälat des Opus, Bischof Julian Herranz-Casado, war, der seither Präsident des Päpstlichen Rates zur Revision der Gesetzestexte geworden ist.

Darüber hinaus verlieh er dem Werk einen maßgeschneiderten Status, den der "Apostolischen Prälatur". Von nun an entziehen sich die Mitglieder des Opus Dei der Autorität der Bischöfe, auf deren Territorium sie residieren. Sie gehorchen nur ihrem Prälaten und diesem dem Papst. Die Organisation ist zu einem Kontrollinstrument der Ortskirchen im Dienst der weltlichen Macht des Vatikans geworden. Ein Schicksal, das an das einer anderen Sekte erinnert, die im sechzehnten Jahrhundert durch religiösen Terror über Spanien herrschte, bevor sie ihren Fanatismus in der Universalkirche durchsetzte: die Inquisition.

Schließlich vertraute der Papst die Verwaltung der "Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse" einem Opusianer, Rafaello Cortesini, an. Johannes Paul II. leitete einen kanonischen Prozess von Pater Escriva de Balaguer ein und verkündete seine Seligsprechung an seinem eigenen Geburtstag, dem 17. Mai 1992. Diese Maskerade löste in der römischen Kirche lebhafte Kontroversen aus. Alle Zeugenaussagen, die gegen die "Sache des Heiligen" waren, wurden ohne Anhörung abgelehnt, während der Akte sechstausend postulatorische Briefe beigefügt wurden. Sie kamen insbesondere von neunundsechzig Kardinälen, zweihunderteinundvierzig Erzbischöfen, neunhundertsiebenundachtzig Bischöfen und vielen Staats- und Regierungschefs.

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
Maintenant (France)