Am 8. Oktober 2016 hat sich der Sicherheitsrat versammelt, um nicht nur den französisch-spanischen Entschließungsantrag über Syrien zu debattieren, sondern auch einen russischen Gegenvorschlag. Es überrascht nicht, dass beide Texte durch Vetos, der erste durch ein russisches, der zweite durch eins des Nato-Blocks, zurückgewiesen wurden.
Solch eine Situation stellt sich zum ersten Mal in der Geschichte des Rates.
Der französische Vorschlag zielte darauf ab, Syrien und Russland an der Umsetzung der Resolution 2249 zu hindern, die die Mitgliedstaaten auffordert, „ihre Anstrengungen zu verstärken und zu koordinieren, um terroristische Handlungen zu verhüten und zu unterbinden, die insbesondere vom ISIL, auch bekannt als Daesh, sowie von der Al-Nusra-Front und allen anderen mit Al-Qaida verbundenen Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen begangen werden“. Auf widersprüchliche Art nahm der französische Text Bezug auf das russisch-US-amerikanische Abkommen über die Einstellung der Feindseligkeiten (demzufolge die Vereinigten Staaten die gemäßigten Rebellen von den extremistischen Dschihadisten trennen müssen), wobei er verbot, die Dschihadisten zu bombardieren und nicht nur Ost-Aleppo, sondern auch West-Aleppo zu überfliegen.
Auch der russische Vorschlag nahm Bezug auf das Abkommen zur Einstellung der Feindseligkeiten, begrüßte jedoch die Anwendung der Resolution 2249 gegen die Dschihadisten.
Als Quittung für die Episode der Einstellung der Feindseligkeiten trat die Katiba Jund al-Aqsa (aus der Al-Qaida hervorgegangen und deshalb von allen als „extremistisch“ betrachtet) offiziell der Front Fatah al-Sham (neuer Name der Al-Nusra-Front nach ihrer einvernehmlichen Trennung von der Al-Qaida) bei.
Der russische Vertreter Vitali Tschurkin hinterfragte die Nato und buhte seine Kollegen aus, indem er erklärte: „Der ständige Vertreter Großbritanniens hat gerade gerufen: ’Hört jetzt damit auf!’ Das ist richtig, hört sofort damit auf, überall auf der Welt jede Art Pack zu unterstützen, egal ob Extremisten, Terroristen und alle, die ihren Spaß daran haben, die Lage in diesem oder jenem Land zu destabilisieren. Allgemeiner gesagt, hört auf, euch in die Angelegenheiten anderer souveräner Staaten einzumischen, gebt eure Kolonialattitüden auf, lasst die Welt in Ruhe. Das würde es möglich machen, die Lage in mehreren Regionen der Welt zu stabilisieren.“
Der Vertreter Syriens, Baschar Jafari, fuhr seinerseits fort: „Die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien nehmen den Rat seit sechs Jahren in Beschlag, eine Sitzung nach der anderen, sponsern die Erklärungsentwürfe, und all dies, um die öffentliche Meinung in die Irre zu führen, wenn sie zeigen, dass sie die Krise in meinem Land zu lösen versuchen.“
China hat für den russischen Vorschlag gestimmt, es aber vorgezogen, sich zu enthalten statt dem französischen Vorschlag sein Veto entgegenzusetzen.
Die gekreuzten Vetos haben zahlreiche politische Funktionsträger zum Sprechen gebracht, etwa den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der in einem Interview mit der Bild-Zeitung seine Mitbürger vor der Gefahr eines Weltkriegs gewarnt hat.
Dagegen glaubt man in Syrien nicht, dass Washington seine Drohungen ausführen und das Land oder zumindest seine Armee bombardieren wird. Die Befreiung des Landes geht weiter, insbesondere mit einem immer deutlicheren Rückzug der Dschihadisten in Aleppo.
Gleichzeitig hat sich im Irak die Lage angespannt. Bagdad scheint hinsichtlich der Befreiung Mossuls, das von den Dschihadisten besetzt ist, nicht auf derselben Wellenlänge zu sein wie die internationale Anti-Daesch-Koalition. Die Hintergedanken hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan klar und deutlich auf dem saudischen Fernsehsender RotanaTV (Eigentum des Prinzen Walid Ben Talal, offizieller Botschafter des Königreichs in Israel) ausgedrückt. Als er seine Vorschläge in der türkischen Tageszeitung Sabah wieder aufgriff, kündigte er an, dass wenn Mossul von Daesch befreit sein werde, seine Einwohner dieselben bleiben müssten, die Daesch vorgegeben hat, das heißt ausschließlich Sunniten. Weiterhin erinnerte er daran, dass die Türkei trotz Bagdads Widerstand ihre Soldaten vor Ort lassen würde, denn sie habe ein historisches Recht auf die Stadt.
Viele Iraker haben diese irredentistischen Äußerungen als Ankündigung einer möglichen türkischen Besetzung der Stadt im Anschluss an die Besetzung durch Daesch gedeutet.
In Sanaa hat eine nicht identifizierte Rakete 140 Jemeniten getötet, die zur Trauerfeier für den Vater des Innenministers gekommen waren. General Jalal al-Roweishan war für diesen Posten durch den Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi nominiert worden. In der Regierung, die durch die revolutionären Huthis eingesetzt wurde, blieb er in diesem Amt und wird deshalb von den Saudis als Verräter betrachtet. Auf den Verdacht, es könnte Urheber dieses Beschusses sein, dementierte Saudi-Arabien seine Verwicklung und versicherte, es habe Sanaa an diesem Tag nicht bombardiert. Aber diese amtliche Mitteilung Riads entlastet nicht die Verbündeten Saudi-Arabiens, die am Krieg gegen den Jemen teilnehmen.
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