Erklärung von Sofia
Wir, die Führungsspitzen der Europäischen Union (EU) und ihrer Mitgliedstaaten sind in Abstimmung mit unseren Partnern im Westbalkan und im Beisein relevanter regionaler Interessenträger heute zu folgenden Schlussfolgerungen gelangt:
1. Die EU begrüßt das gemeinsame Bekenntnis der Partner im Westbalkan zu den europäischen Werten und Grundsätzen und zu der Idee eines starken, stabilen und geeinten Europas, gestützt auf unsere historischen, kulturellen und geografischen Bindungen und unsere beiderseitigen politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen.
2. Die EU erinnert an die Gipfeltagung von Thessaloniki im Jahr 2003 und bekräftigt, dass sie die europäische Perspektive des Westbalkans uneingeschränkt unterstützt. Ausgehend von den bisher erzielten Fortschritten haben die Partner im Westbalkan erneut erklärt, dass sie an der europäischen Perspektive als ihrer festen strategischen Entscheidung festhalten, ihre Anstrengungen intensivieren und einander unterstützen wollen. Die Glaubwürdigkeit dieser Bemühungen hängt von einer klaren öffentlichen Kommunikation ab.
3. Die EU ist entschlossen, ihr Engagement auf allen Ebenen zu verstärken und zu intensivieren, um den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformationsprozess in der Region u. a. durch mehr Unterstützung auf der Grundlage greifbarer Fortschritte der Partner im Westbalkan im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sowie bei den sozioökonomischen Reformen zu fördern.
4. Die EU begrüßt das Bekenntnis der Partner im Westbalkan dazu, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und insbesondere der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, der verantwortungsvollen Staatsführung sowie der Achtung der Menschenrechte und der Rechte der Angehörigen von Minderheiten Vorrang einzuräumen. Dies sind die Grundlagen für die effektive Durchführung von Reformen. Für den Prozess der Demokratisierung spielen die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien eine entscheidende Rolle.
5. Die EU bestärkt die Partner im Westbalkan in ihrer Zusage, die gutnachbarlichen Beziehungen, die regionale Stabilität und die gegenseitige Zusammenarbeit weiter zu verstärken. Dazu müssen insbesondere endgültige, verbindliche und inklusive Lösungen für ihre in der Vergangenheit verwurzelten bilateralen Streitigkeiten gefunden und umgesetzt sowie zusätzliche Bemühungen zur Aussöhnung unternommen werden.
6. Der Aufbau eines dichten Netzes von Verbindungen und Möglichkeiten innerhalb der Region und mit der EU ist unerlässlich, um unsere Bürgerinnen und Bürger und unsere Volkswirtschaften näher zusammenzubringen und um die politische Stabilität, den wirtschaftlichen Wohlstand sowie die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung voranzubringen. Ausgehend von den bisherigen Fortschritten, die unter anderem im Rahmen regionaler Initiativen erzielt wurden, verpflichten wir uns, die Konnektivität in all ihren Dimensionen – Verkehr, Energie sowie digitale, wirtschaftliche und menschliche Dimension – erheblich auszubauen.
7. Die EU ist übereingekommen, im Westbalkan ein markt- und investitionsfreundliches Umfeld zu fördern, um die Entwicklung hin zu einer digitalen Wirtschaft und zu nachhaltigen, klimafreundlichen Gesellschaften im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris zu beschleunigen. Als prioritäres Ziel wird Energiesicherheit angestrebt, u. a. durch die Verbesserung der Energieeffizienz, eine bessere grenzüberschreitende Vernetzung, die Diversifizierung der Quellen und Versorgungswege sowie einen ausgewogenen Energiemix mit einer besseren Einbindung von erneuerbarer Energie.
8. Besonderes Augenmerk wird auf die Schaffung weiterer Chancen für junge Menschen gelegt, wobei sicherzustellen ist, dass dies zur sozioökonomischen Entwicklung im Westbalkan beiträgt.
9. In diesem Zusammenhang begrüßt die EU die Zusage der Partner im Westbalkan, u. a. die Übernahme des in den Verträgen über die Energiegemeinschaft und die Verkehrsgemeinschaft niedergelegten Besitzstands zu beschleunigen, alle administrativen Hindernisse an den Grenzen zu beseitigen, den regionalen Elektrizitätsmarkt zu vollenden und den mehrjährigen Aktionsplan vom Juli 2017 für die Entwicklung eines regionalen Wirtschaftsraums umgehend umzusetzen. Die EU wird diese Bemühungen weiterhin unterstützen.
10. Die EU und die Partner im Westbalkan stehen vor vielen gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen, die ein koordiniertes individuelles und kollektives Vorgehen erfordern. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir diesen Herausforderungen wirksam entgegentreten. Unsere Zusammenarbeit bei der Eindämmung der illegalen Migrationsströme hat sich bewährt und wird weiterentwickelt werden.
11. Auch bei der Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus, einschließlich der Finanzierung, der Radikalisierung und der Rückkehr ausländischer terroristischer Kämpfer, müssen wir verstärkt zusammenarbeiten.
12. Die EU und die Partner im Westbalkan erkennen an, dass Ergebnisse bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität maßgeblich sind für den politischen und sozioökonomischen Transformationsprozess in der Region sowie für die regionale Stabilität und Sicherheit, die im besten Interesse ihrer Bevölkerung sind. Die EU begrüßt ihre Zusage, in Zusammenarbeit mit der EU und miteinander entschieden gegen Menschenhandel, Schleusung, Drogenanbau sowie Drogen- und Waffenschmuggel vorzugehen.
13. Die EU begrüßt den Beitrag der Partner im Westbalkan zu ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) in allen Aspekten und erwartet eine schrittweise Vertiefung der Zusammenarbeit in diesem Bereich und vor allem eine stärkere Angleichung, insbesondere wenn es um Fragen geht, bei denen zentrale gemeinsame Interessen auf dem Spiel stehen.
14. Desinformation und anderen hybriden Aktivitäten werden wir durch eine breitere Zusammenarbeit in den Bereichen Widerstandsfähigkeit, Cybersicherheit und strategische Kommunikation gemeinsam entgegentreten.
15. Um für unsere Bürgerinnen und Bürger eine schnellere Verbesserung in den Bereichen Vernetzung und Sicherheit angesichts der europäischen Perspektive des Westbalkans herbeizuführen, hat die EU heute auf Grundlage der relevanten Aspekte der Kommissionsmitteilung vom 6. Februar 2018 eine Prioritätenagenda von Sofia für die EU und den Westbalkan auf den Weg gebracht, die dieser Erklärung beigefügt ist.
16. Die EU begrüßt die Absicht Kroatiens, während seines Vorsitzes im Jahr 2020 zu einem Treffen EU-Westbalkan einzuladen.
17. Wir stellen fest, dass sich die Partner im Westbalkan den genannten Punkten anschließen.
Anlage zur Erklärung
Prioritätenagenda von Sofia
Stärkere Unterstützung von Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvoller Staatsführung
• Mehr Unterstützung für die Justizreform und die Bemühungen um die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, einschließlich des Aufbaus von Kapazitäten für die Korruptionsprävention
• Erweiterung der Beratungsmissionen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit mit stärkerer Unterstützung durch die Mitgliedstaaten und die EU
• Bessere Überwachung der Reformen durch systematischere, fallbezogene Peer-Review-Missionen
• Einführung der Beobachtung von Gerichtsverfahren zu schweren Fällen von Korruption und organisierter Kriminalität
• Maßnahmen für eine bessere Messung der Ergebnisse bei der Justizreform
• Unterstützung für den Westbalkan im Rahmen des Europäischen Fonds für Demokratie im Bereich unabhängige und pluralistische Medien und Zivilgesellschaft
Verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Migration
• Ausbau der Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung und der Prävention gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus im Einklang mit der Westbalkan-Initiative zur Terrorismusbekämpfung
• Deutlicher Ausbau der operativen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der internationalen organisierten Kriminalität in prioritären Bereichen wie Feuerwaffen, Drogen, Schleusung und Menschenhandel
• Ausarbeitung eines neuen Aktionsplans für die Zusammenarbeit im Bereich Feuerwaffen, um die Probleme der illegalen Feuerwaffen und der großen Waffenbestände wirksamer anzugehen
• Mehr Unterstützung für den Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen Cybersicherheit und Bekämpfung der Cyberkriminalität
• Ausbau der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Migrationssteuerung und des Grenzmanagements
• Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Verbindungsbeamten der EU (Europäische Kommission und Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache), der Mitgliedstaaten und der zuständigen Behörden der Westbalkanländer
• Einrichtung einer agenturenübergreifenden JI-Task Force der EU unter Leitung der Kommission
• Vertiefung und Ausweitung der substanziellen Zusammenarbeit und des Dialogs im Bereich Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik/Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
• Ausbau der Zusammenarbeit bei Aktivitäten im Zusammenhang mit hybriden Bedrohungen, auch durch verstärkte strategische Kommunikation
Förderung der sozioökonomischen Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung junger Menschen
• Ausweitung des Investitionsrahmens für den Westbalkan, um weitere Investitionen bilateraler Geber und internationaler Finanzinstitutionen anzuziehen und zu koordinieren
• Bereitstellung von deutlich mehr Garantien durch den Investitionsrahmen für den Westbalkan, um private Investoren anzuziehen
• Stärkere Förderung des Bildungssektors, insbesondere Einleitung eines Pilotprojekts zur Förderung der Mobilität in der beruflichen Aus- und Weiterbildung
• Verdoppelung der Erasmus+-Mittel für die Region und Einrichtung eines Jugendlabors ("Youth Lab") für den Westbalkan im Jahr 2018 mit Raum für innovative Politikgestaltung, die den Bedürfnissen junger Menschen gerecht wird, und Bekämpfung der Abwanderung von Hochqualifizierten ("Brain drain")
• Ausbau und Erhöhung der Reichweite des regionalen Büros für Jugendzusammenarbeit und Einführung eines intra-regionalen Programms zur Förderung der Mobilität
• Gewährleistung von Fortschritten bei der Verwirklichung des regionalen Wirtschaftsraums, u. a. durch intensivere Bemühungen im Bereich der Anerkennung von Qualifikationen, und von Fortschritten bei der Erleichterung des Handels innerhalb des Westbalkans
• Fortschritte Bosnien und Herzegowinas und Serbiens beim Beitritt zur Welthandelsorganisation
Verbesserung der Konnektivität
• Vorbereitung eines neuen Pakets von Konnektivitätsvorhaben (mit umfangreichen EU-Zuschüssen mit Hebelwirkung) durch den Investitionsrahmen für den Westbalkan, einschließlich Unterstützung für die Verkehrswege "Blue Highway" und "Peace Highway" (Nis-Pristina)
• Förderung einer verstärkten Nutzung der Möglichkeiten im Rahmen der geltenden Bestimmungen für die Fazilität "Connecting Europe" im Westbalkan
• Ausdehnung der EU-Energieunion auf den Westbalkan mit Schwerpunkt auf der Energieversorgungssicherheit und der Diversifizierung von Energiequellen und -lieferanten, einschließlich einer regionalen Strategie zur Nutzbarmachung erneuerbarer Energien, insbesondere Wasserkraft
• Bemühung um die Vollendung des regionalen Elektrizitätsmarkts im Westbalkan sowie Gewährleistung seiner Integration in den Elektrizitätsbinnenmarkt der EU, u. a. über die Konnektivitätsinitiative für Mittel- und Südosteuropa (CESEC)
• Weitere Unterstützung für die Schaffung eines einheitlichen Regulierungsraumes und eine effektive Reform des Energiemarktes im Rahmen des Vertrags zur Gründung der Energiegemeinschaft
• Unterzeichnung einer Verpflichtung/Vereinbarung über die Gasverbindungsleitung zwischen Bulgarien und Serbien
• Beginn der Umsetzung des Vertrags über die Verkehrsgemeinschaft und volle Funktionsfähigkeit seines Sekretariats
• Unterzeichnung des Abkommens über den Sitz des Vertrags zur Gründung der Verkehrsgemeinschaft (Belgrad)
• Billigung der Erklärung der Verkehrsminister von den TEN-V-Tagen in Ljubljana, einschließlich des Aktionsplans für die Liste der vorrangigen Grenzübergangsstellen
• Billigung der Erklärung der Verkehrsminister zur Straßenverkehrssicherheit von den TEN-V-Tagen in Ljubljana und des dazugehörigen Aktionsplans
• Unterstützung für eine neue Schienenverkehrsstrategie, um den Westbalkan in das Hauptschienenverkehrsnetz und den Markt der EU einzubinden
Eine digitale Agenda für den Westbalkan
• Einführung einer digitalen Agenda für den Westbalkan, einschließlich eines Fahrplans zur Senkung der Roamingkosten
• Vorbereitung eines umfangreichen technischen Hilfspakets für die Ermittlung potenzieller Digitalisierungsinvestitionen (einschließlich Breitband) durch den Investitionsrahmen für den Westbalkan/das Instrument für Heranführungshilfe
Förderung von Aussöhnung und gutnachbarlichen Beziehungen im Westbalkan
• Unterstützung bei der Bekämpfung der Straflosigkeit durch Unterstützung der Arbeit des Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe und der Sondertribunale im Kosovo durch EULEX
• Gelegenheiten bieten im Rahmen des EU-Programms "Kreatives Europa"
• Förderung der Vertiefung der Beziehungen zwischen den Zivilgesellschaften im Westbalkan, auch durch Unterstützung von Projekten des Fonds für den Westbalkan
Diese Prioritätenagenda wird statusneutral umgesetzt und greift den Beratungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen nicht vor.
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