Gemeinsame Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates
Die COVID-19-Pandemie stellt eine beispiellose Herausforderung für Europa und die ganze Welt dar. Sie erfordert dringendes, entschlossenes und umfassendes Handeln auf EU-Ebene sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Wir werden alles Notwendige unternehmen, um unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen und die Krise zu überwinden und zugleich unsere europäischen Werte und unsere Lebensweise zu wahren.
Wir sind uns der Belastungen bewusst, die diese Maßnahmen für alle unsere Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen, und würdigen deren Verantwortungsbewusstsein. Wir bekunden unser tief empfundenes Mitgefühl mit den Opfern der Pandemie und ihren Familien. Wir würdigen das Engagement und den unermüdlichen Einsatz der Angehörigen der Gesundheitsberufe, die an vorderster Front gegen den Krankheitsausbruch kämpfen, und den Beitrag derjenigen, die grundlegende Dienstleistungen für die Bevölkerung erbringen.
Wir werden mit der internationalen Gemeinschaft und unseren externen Partnern zusammenarbeiten, um diese weltweite Pandemie zu bekämpfen.
Wir werden die Arbeiten in den während unserer Videokonferenzen vom 10. und 17. März 2020 festgelegten fünf Bereichen fortführen und das Notwendige tun, um die Krise zu bewältigen.
Eindämmung der Ausbreitung des Virus
1. Alle Mitgliedstaaten haben auf Anraten ihrer nationalen Gesundheitsbehörden entschlossene Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und zu verlangsamen. Diese Anstrengungen werden durch die Leitlinien des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Empfehlungen des Beraterstabs zu COVID-19 der Kommission untermauert und unterstützt. Bei Bedarf werden weitere Leitlinien herausgegeben, und wir werden die Entwicklungen im Rahmen der vom kroatischen Vorsitz aktivierten Integrierten EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR) weiterhin verfolgen.
2. Wir haben die Kontrolle unserer Außengrenzen durch eine koordinierte vorübergehende Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU verstärkt. Wir werden die Lage zu gegebener Zeit bewerten und entscheiden, ob diese Maßnahmen verlängert werden müssen oder nicht.
3. In den Fällen, in denen vorübergehende Kontrollen an den Binnengrenzen eingeführt wurden, werden wir ein reibungsloses Grenzmanagement für den Personen- und Güterverkehr und das weitere Funktionieren des Binnenmarktes auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission vom 16. März 2020 und im Einklang mit dem Schengener Grenzkodex sowie den Anleitungen der Kommission zur Umsetzung sogenannter Green Lanes (Sonderfahrspuren) sicherstellen. Wir werden mit Unterstützung der Kommission umgehend die Probleme angehen, die noch in Bezug auf Bürgerinnen und Bürger der EU, die aufgrund geschlossener EU-Binnengrenzen nicht in ihre Heimatländer zurückreisen können, sowie in Bezug auf Grenzgänger und Saisonarbeitskräfte bestehen, denen es möglich sein muss, wesentliche Tätigkeiten weiterhin auszuüben, ohne dass das Virus weiter verbreitet wird. Das Gleiche gilt für die Lieferung von Gütern und die Erbringung grundlegender Dienstleistungen, sei es auf dem Land-, See- oder Luftweg. Wir ersuchen die Kommission, vor unserer nächsten Videokonferenz über die Lage Bericht zu erstatten.
4. Wir werden mit einer transparenten, zeitnahen und faktengestützten Kommunikation über unser Vorgehen entschieden gegen Desinformation vorgehen und so die Resilienz unserer Gesellschaften stärken. Die Kommission und der Hohe Vertreter werden in vollem Umfang einbezogen werden, und sie werden dem Rat über unsere gemeinsamen Anstrengungen Bericht erstatten.
Bereitstellung von medizinischer Ausrüstung
5. Wir rufen die Kommission auf, ihre Anstrengungen fortzusetzen und zu beschleunigen, um so dazu beizutragen, dass umgehend eine angemessene Bereitstellung von medizinischer Ausrüstung in der gesamten EU gewährleistet wird, da dies die dringlichste Priorität darstellt. Die Mitgliedstaaten sollten in dieser Hinsicht eng zusammenarbeiten und der Kommission aktuelle und verlässliche Daten zur Verfügung stellen.
6. Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit der Industrie eine Übersicht über die Bestände, die Produktion und die Einfuhren erstellen und Maßnahmen zur Verbesserung der Lage ergreifen. Sie wird ihre Initiativen zur gemeinsamen Vergabe von Aufträgen für persönliche Schutzausrüstungen, Beatmungsgeräte und Testmaterial aktiv voranbringen. Wir ersuchen die Kommission, Möglichkeiten für eine Beschleunigung der einschlägigen Verfahren zu prüfen. Die Kommission wird bei Bedarf die im Rahmen von rescEU vorgesehene ursprüngliche Mittelausstattung für die Einrichtung eines strategischen Vorrats an medizinischen Ausrüstungen, einschließlich für die Intensivpflege, sowie an Impfstoffen und Therapeutika aufstocken.
7. Die Annahme des Beschlusses über die Genehmigung der Ausfuhr persönlicher Schutzausrüstungen sollte die vollständige und effektive Aufhebung interner Verbote oder Beschränkungen jeglicher Art ermöglichen.
8. Angesichts der Empfehlungen der WHO müssen die Testkapazitäten dringend erhöht werden, und die Mitgliedstaaten werden der Kommission über die Lage Bericht erstatten.
Förderung der Forschung
9. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die Forschung zu unterstützen, die Anstrengungen zu koordinieren und Synergien innerhalb der europäischen Wissenschafts- und Forschungsgemeinschaft anzustreben, damit das Potenzial der Forschung in der Union in vollem Umfang ausgeschöpft werden kann. Es wurden bereits 140 Mio. EUR für 17 Projekte, einschließlich zu Impfstoffen, mobilisiert. Wir werden auch mit unseren wichtigsten Partnern zusammenarbeiten, wie in den jüngsten Erklärungen der G7 und der G20 dargelegt.
10. Es ist dringend notwendig, wissenschaftliche Informationen auszutauschen und sowohl innerhalb der EU als auch weltweit zusammenzuarbeiten, um so schnell wie möglich einen Impfstoff zu entwickeln und ihn allen, die ihn benötigen, ohne geografische Hindernisse zur Verfügung zu stellen. Wir werden in dieser Hinsicht unsere Unterstützung für europäische Forschungsteams und Unternehmen verstärken und beschleunigen.
11. Wir begrüßen die Initiativen der Kommission, des Europäischen Innovationsrats und der EIB-Gruppe zur finanziellen Unterstützung der klinischen Reaktion und der Reaktion des Gesundheitswesens auf die COVID-19-Krankheit.
Bewältigung der sozioökonomischen Folgen
12. Wir sind uns der schwerwiegenden sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Krise vollkommen bewusst und werden alles Erforderliche tun, um diese Herausforderung im Geiste der Solidarität zu bewältigen.
13. Wir unterstützen die entschlossenen Maßnahmen, die die Europäische Zentralbank getroffen hat, um günstige Finanzierungsbedingungen in allen Ländern des Euro-Währungsgebiets sicherzustellen.
14. Wir nehmen die Fortschritte zur Kenntnis, die die Euro-Gruppe erzielt hat. In dieser Phase ersuchen wir die Euro-Gruppe, uns innerhalb von zwei Wochen Vorschläge zu unterbreiten. Diese Vorschläge sollten der beispiellosen Natur des COVID-19-Schocks, der alle unsere Länder betrifft, Rechnung tragen, und unsere Reaktion wird erforderlichenfalls verstärkt; dabei werden vor dem Hintergrund der Entwicklungen weitere Maßnahmen inklusiv getroffen, damit eine umfassende Reaktion erfolgen kann.
15. Unsere Mitgliedstaaten haben umfangreiche Maßnahmen getroffen, um ihre Wirtschaft zu unterstützen und die sozialen Probleme und Beschäftigungsprobleme abzufedern. Wir werden die EU-Instrumente nutzen, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten im erforderlichen Maße zu unterstützen.
16. Die Mitgliedstaaten benötigen Flexibilität, um alles Notwendige zu tun. Der Befristete Rahmen der Kommission für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Das Gleiche gilt für die noch nie da gewesene Nutzung der allgemeinen Ausweichklausel im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
17. Mit dem Vorschlag der Kommission für eine Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise werden im Rahmen der Kohäsionspolitik 37 Milliarden EUR für Investitionen zur Bewältigung der Folgen der Krise bereitgestellt. Mit der vorgeschlagenen Änderung des EU-Solidaritätsfonds kann dieser Fonds auch für Notsituationen im öffentlichen Gesundheitswesen wie den COVID-19-Ausbruch genutzt werden. Wir sehen der raschen Annahme dieser Vorschläge erwartungsvoll entgegen. Wir begrüßen die Bereitschaft der Kommission, die Flexibilität und die Hebelwirkung bei der Nutzung der EU-Instrumente weiter zu erhöhen.
18. Wir würdigen ferner den Beitrag der EIB-Gruppe zur Mobilisierung von Ressourcen - einschließlich durch die Nutzung des EU-Haushalts - für Bankgarantien und Investitionen, die für europäische Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, bestimmt sind. Wir ersuchen die Finanzministerinnen und -minister, unverzüglich zu sondieren, wie die Reaktion der EIB-Gruppe auf die Coronavirus-Krise insgesamt verstärkt werden kann.
19. Wir begrüßen die Leitlinien der Kommission zur Prüfung ausländischer Direktinvestitionen und rufen die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um strategische Wirtschaftsgüter und Technologie vor ausländischen Investitionen, die legitime Ziele der öffentlichen Ordnung gefährden könnten, zu schützen. Dies wird dazu beitragen, die strategische Autonomie der EU während und nach der Krise sicherzustellen.
20. Die COVID-19-Pandemie betrifft Menschen und Gesellschaften in der ganzen Welt und wird sich langfristig auf die Weltwirtschaft und den Welthandel auswirken. Die EU bekennt sich zu internationaler Zusammenarbeit und multilateralen Lösungen, um die Pandemie und ihre Auswirkungen zu bewältigen. Sie wird ihr Möglichstes tun, um Länder und Gemeinschaften bei der Bekämpfung der COVID-19-Krise zu unterstützen. Sie wird ferner ihr Möglichstes tun, um die Tragfähigkeit der globalen integrierten Wertschöpfungs- und Lieferketten zu stärken, sie erforderlichenfalls anzupassen und die negativen sozioökonomischen Folgen der Krise abzumildern.
In Drittländern festsitzende Bürgerinnen und Bürger
21. Wir werden unsere Anstrengungen weiter intensivieren, um mit aktiver Unterstützung durch den Hohen Vertreter und die Kommission die Rückreise von Bürgerinnen und Bürgern der EU, die in Drittländern festsitzen und heimreisen wollen, sicherzustellen. Die Kommission wird ein Addendum zu den Leitlinien für das Grenzmanagement vorlegen, um die Transitregelungen für rückreisende Bürgerinnen und Bürger der EU zu erleichtern.
22. Der EAD hat eine konsularische Task Force eingerichtet. Eine enge Abstimmung mit der Kommission und mit den Mitgliedstaaten ist sichergestellt. Das von der Kommission verwaltete Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) unterstützt die laufenden Rückholmaßnahmen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union, für das die notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden sollten.
Gegenwärtig geht es vordringlich darum, die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie und ihre unmittelbaren Folgen zu bekämpfen. Wir sollten jedoch damit beginnen, die Maßnahmen vorzubereiten, die erforderlich sind, um zu einem normalen Funktionieren unserer Gesellschaften und Volkswirtschaften und zu nachhaltigem Wachstum zurückzukehren, unter anderem unter Einbeziehung des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft und des digitalen Wandels, und dabei die Lehren aus der Krise ziehen. Dafür bedarf es einer koordinierten Strategie für die Zeit nach der Krise, eines umfassenden Erholungsplans und beispielloser Investitionen. Wir ersuchen die Präsidentin der Kommission und den Präsidenten des Europäischen Rates, in Absprache mit anderen Organen, insbesondere mit der EZB, mit der Arbeit an einem Fahrplan, begleitet von einem Aktionsplan, zu beginnen.
Wir müssen ferner die Lehren aus der gegenwärtigen Krise ziehen und anfangen, über die Resilienz unserer Gesellschaften angesichts derartiger Ereignisse nachzudenken. In dieser Hinsicht ist es an der Zeit, ein ehrgeizigeres und breiter gefächertes Krisenmanagementsystem in der EU einzurichten. Wir ersuchen die Kommission, diesbezüglich Vorschläge zu unterbreiten.
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