Teil 1 : „Die G7, der Gipfel der Heuchelei des Westens“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Sabine, Voltaire Netzwerk, 30. Mai 2016.

Die neun Mitglieder der G7.

Ich beschränke mich hier darauf, die Passagen der Erklärung zu untersuchen, die Bezug auf die internationale Politik aus Sicht der neun Personen nehmen, die danach streben, die mächtigsten der Welt zu werden [1]. Es ist ein Katalog von 18 gegenwärtigen Hauptlügen des Westens. Er gibt Gelegenheit, die wesentlichen Konfliktthemen durchzugehen.

 Der „Kampf gegen den Terrorismus und den gewalttätigen Extremismus“ [2].

Unglücklicherweise steht bislang auf den internationalen Gipfeln unbestritten fest, dass der Terrorismus - so wird dort behauptet – die Folge des gewalttätigen Extremismus ist. Es handele sich nur um einen Reifungsprozess persönlicher psychologischer Probleme in ungelösten politischen Zusammenhängen. Der Terrorismus wäre also keine Militärstrategie, würde durch keinen Staat organisiert und wäre ausschließlich finanziert durch private Spenden und Schmuggel aller Art. Diese Theorie wird seit Dezember 2015 vom Generalsekretär der Uno, Ban Ki-moon, vertreten, der zur G7 hinzustieß, um dort zur Illusion eines weltweiten Konsenses beizutragen [3]: Der einzige Feind ist die „Radikalisierung“. Eine Formulierung, die es denen, die den Terrorismus organisieren, möglich macht jede Opposition zu bekämpfen – unter dem Vorwand, den Terrorismus zu verhindern.

Wie wir seit 2001 in unseren Spalten ausführen, sind mindestens acht der neun Mitglieder der G7 unmittelbar in die Unterstützung von al-Qaida und Daesch im Irak, Syrien und Libyen verwickelt. Nur das Kanada von Justin Trudeau scheint nicht mehr an diesem geheimen Krieg teilzunehmen.

 „Die Migrationen und die Krise der Flüchtlinge“ (und nicht die Flüchtlings- und Migrantenkrise)

Man achte auf die semantische Unterscheidung zwischen dem Migrationsstrom und der Krise der geflüchteten Personen. Die Migranten haben sich entschieden, fortzugehen. Sie werden als eine Flut, nicht als Personen betrachtet, im Gegensatz zu den Flüchtlingen, die zur Umsiedlung gezwungen sind und ein Anrecht auf internationalen Schutz haben.

Nun gibt es in Wirklichkeit wenige wirkliche Flüchtlinge. Die große Mehrheit der Syrer, die ihr Land verlassen haben, hat abgelehnt, es vor den Dschihadisten zu schützen, weil man überzeugt war, dass die Republik durch die Nato umgestürzt würde. Andere haben die Kämpfe in der Erwartung gemieden, nach dem Sieg der Dschihadisten und dem Aufbau eines echten islamischen Staats zurückzukommen. Aber das Völkerrecht gesteht die Flüchtlingseigenschaft nicht den Fahnenflüchtigen zu, die sich geweigert haben, Waffen zu tragen, um ihr vom Ausland angegriffenes Vaterland zu verteidigen, noch denen, die auf einen Sieg hoffen, ohne dafür kämpfen zu müssen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass das Phänomen der Flucht der Syrer von den Staaten ermutigt wurde, die das Land angreifen und hofften, es zu besiegen, indem sie es leer von Einwohnern machten. Nun haben sich alle Mitglieder der G7 an diesem Plan beteiligt.

 Syrien

Die G7 verurteilt mit der größten Standhaftigkeit die Verstöße gegen die Einstellung der Feindseligkeiten durch das „syrische Regime“. Sicher, aber sie sagt weder ein Wort über die Verstöße, die zuvor von den bewaffneten Gruppen begangen wurden, noch – und genau das ist wichtig – zu den Verstößen, die sie selbst als Erste begangen hat. Ich spreche zum Beispiel über die Lieferung von 2.000 Tonnen Waffen und Munition durch das US-Verteidigungsministerium, die von der Zeitschrift „Jane’s“ nachgewiesen wurde. Waffen und Munition, wovon mindestens die Hälfte an al-Qaida und Daesch weitergegeben wurde, die von der G7, wie ein paar Zeilen weiter oben ausgeführt, angeblich bekämpft werden [4].

Auch dafür verurteilt die G7 „das Regime“ (ein abwertender Ausdruck, der einen Mitgliedstaat der Uno bezeichnet und darauf abzielt hervorzuheben, dass das Ziel des Krieges der G7 „der Regimewechsel“ ist), den Zugang zu internationalen humanitären Hilfslieferungen blockiert zu haben. Nun zeigen die von der Uno aufgeführten Fälle die Nichteinhaltung der Termine und der Strecken, die mit der syrischen Regierung vorher vereinbart worden waren, durch die Uno selbst. Nicht nur dass die G7 nicht die bewaffneten Gruppen verurteilt, weil sie den Zugang zu mehreren Ortschaften blockiert haben, sie kündigt auch noch an, dass sie das, was sie dem „Regime“ missbräuchlich vorwirft, als Vorwand benutzen wird, um dem Weltnährungsprogramm (WFP) zu gestatten, per Fallschirm Hilfslieferungen in den dschihadistischen Zonen abzusetzen. Da nun das WFP nicht selbst die Mittel für Einsätze dieses Typs hat, wird es sie an die US-Air Force als Subunternehmer vergeben, der nicht nur Lebensmittel und Arzneimittel absetzt, sondern auch Waffen und Munition. Diese Art Einsatz hat nur den Anschein von humanitärer Hilfe, denn die in den von Dschihadisten kontrollierten Zonen abgesetzten Lebensmittel und Medikamente werden sofort von bewaffneten Gruppen beschlagnahmt, die sie sehr teuer der Bevölkerung unter ihrer Fuchtel weiterverkaufen, sogar in die Türkei exportieren, wie man kürzlich festgestellt hat.

Schließlich wirft die G7 die Frage der Chemiewaffen auf, ohne irgendeine Partei zu nennen – ein Zeichen dafür, dass sie diese Anschuldigung jederzeit gegen jeden beliebigen Akteur einschließlich der bewaffneten Gruppen und der Türkei gebrauchen kann. Dies ist ein Mittel zur Erpressung der unberechenbaren Regierung Erdoğans.

 Der Irak

Die G7 unterstützt „die Einheit, die Souveränität und die territoriale Integrität“ des Landes. Sie gratuliert der irakischen Regierung zu ihrem Kampf gegen Daesh und kündigt an, dass sie die Anstrengungen von Bagdad schon jetzt unterstützt, um der Bevölkerung in den befreiten Gebieten zu helfen. Doch da sie dem syrischen „Regime“ zu seinen Siegen gegen Daesh nicht ebenfalls gratuliert hat, kommt man zu dem Schluss, dass ihr Hauptziel – im Gegensatz zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates – nicht der Kampf gegen den Terrorismus ist.

Die Mitglieder der G7 geben bekannt, dass sie gegenwärtig mehr als 3,6 Milliarden Dollar aufwenden, um den irakischen Behörden, einschließlich der Kurden, zu helfen. Damit widersprechen sie dem, was sie einige Zeilen höher angaben: In der Tat – sie wollen die Einheit des Landes stützen, aber liefern Waffen direkt an eine Provinz und ermutigen sie, der Zentralgewalt nicht mehr zu gehorchen.

 Iran

Unverfroren freut sich die G7 über das vor einem Jahr mit dem Iran getroffene 5+1-Abkommen. Nun sah es aber die Aufhebung der amerikanischen, europäischen und internationalen Sanktionen vor, was dem Iran hätte ermöglichen müssen, wieder in den Besitz von 150 Milliarden Dollar zu kommen, die überall in der Welt blockiert waren. Während jedoch kleine Länder die Gelder tatsächlich freigaben, die sie einzufrieren gezwungen worden waren – 12 Millionen Dollar zum Beispiel für die Schweiz – so ist der Iran noch immer an keinen der in den USA oder der EU blockierten Cent gekommen, Schlimmer noch, während Washington offiziell gerade so getan hatte, als würde es 450 Millionen Dollar freigeben, wurden sie von einem „unabhängigen“ amerikanischen Richter unter Zwangsverwaltung gestellt, mit der Begründung, die Opfer der Attentate des 11. September zu entschädigen – wofür die USA den Iran aber während der letzten 15 Jahre nie angeklagt hatten. Die Stellungnahme der neun Mitglieder der G7 kommt hier als Antwort auf die vom Iran mit der Unterstützung der Bewegung der Blockfreien Staaten beim Sicherheitsrat eingereichten Klage [5].

Die G7 fährt fort, indem sie die iranischen Forschungen in puncto Raketen verurteilt: Sie würden gegen die Resolution 2231 verstoßen. Nun geht diese Resolution aber diese Frage nicht an. Die Botschafterin Samantha Power hatte bei der Debatte des Sicherheitsrates übrigens darauf hingewiesen, dass der Iran sich nicht nur an die Resolution halten, sondern auch andere internationale Regeln auf dem Gebiet ballistischer Raketen anwenden müsse [6]. Die USA wissen, dass sie die Frage der ballistischen Raketen und diejenige der Atomkraft nicht miteinander verknüpfen können; seit dem 5+1-Abkommen haben sie übrigens keine Beschwerde gegen den Iran eingereicht.

 Die Demokratische Volksrepublik Korea

Die G7 verurteilt die nuklearen Forschungen des Landes, dass sie „Nordkorea“ nennt, womit sie betont, dass sich die USA seit 1950 mit ihm im Krieg befinden. Faktisch kann sie sich auf mehrere Resolutionen des Sicherheitsrates stützen. Doch in Abwesenheit eines Friedensvertrages und angesichts des Drucks, der zehn Jahre lang gegen den Iran ausgeübt wurde, der kein militärisches Nuklearprogramm hatte, versteht man, dass sich Pjöngjang nicht danach gerichtet hat.

 „Ukraine / Russland“

Die G7 bestätigt die Verpflichtung, „die Souveränität, die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit“ der Ukraine zu achten. Dann verurteilt sie die illegale Annexion der Krim durch Russland. Das ist ein weiteres Beispiel für die Heuchelei des Westens. Denn es sind die Mitglieder der G7, die den Staatsstreich in Kiew organisiert haben und damit die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine verletzt haben. Die Bürger, die den Putsch ablehnten, haben zunächst versucht, Widerstand zu leisten. Sie haben schnell verstanden, dass die Bevölkerung geographisch zwischen Proatlantikern und Prorussen geteilt war. Die prorussischen Bereiche, die Krim, der Donetsk und Lugansk haben ihre Unabhängigkeit erklärt, aber nur die Krim hat schnell genug reagiert und ihren Anschluss an die Russische Föderation verlangt.

Ein die Korruption der ukrainischen Regierung kritisierender Satz fällt auf – ein Zeichen, dass die Mitglieder der G7 durch ihren neuen Verbündeten recht behindert sind.

 Libyen

Die G7 unterstützt die von Fayez al-Sarraj geleitete Regierung – die einzige heute von der Uno anerkannte amtliche Autorität –, um das Land zu befrieden, seine Ölausbeutung zu ermöglichen und gegen Daesh zu kämpfen.

Das Land hat sich in Stämme geteilt, seit es keinen rechtmäßigen Führer mehr hat. Die al-Sarraj Regierung ist beim Abkommen von Skhirat (April 2015) von der Uno aufgestellt worden. Aber sie ist nie vom Abgeordnetenhaus, das nach dem Mord an Muammar al-Gaddafi von der Nato geschaffen wurde, feierlich eingesetzt worden. Sie ist also nicht rechtmäßiger als andere, selbst wenn sie gehorsamer ist. Wie dem auch sei, die Mitglieder der G7 kündigen an, die Aufhebung des Waffen-Embargos einzig zum Vorteil dieser Regierung zu befürworten, was ihr ermöglichen würde, ihre Rivalen niederzumachen oder den Bürgerkrieg neu zu starten.

 Afghanistan

Die Mitglieder der G7 stützen jeden „von den Afghanen getragenen Friedensprozess", was 15 Jahre nach der Anglo-US-Invasion und dem von den Siegern vorgeschriebenen Bonner Abkommen zumindest erschreckend ist. Sie freuen sich über die Teilnahme von Afghanistan am Natogipfel im Juli in Warschau, was genug über diesen „von den Afghanen getragenen Friedensprozess“ sagt und über die Absicht, die militärische Einkreisung Russlands fortzusetzen.

 „Friedensprozesse im Nahen Osten“

Die G7 gibt mit dieser Formel zu, dass der israelisch-palästinensische Konflikt in Wirklichkeit ein israelisch-arabischer Konflikt ist. Wegen der schlechten Beziehungen zu dem gegenwärtigen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu unterstützt die G7 die französische Initiative einer internationalen Konferenz ohne Israelis und Palästinenser als angeblich einziges Mittel, um die „Zwei-Staaten-Lösung“ voranzubringen.

 Yemen

In einem vorsichtigen Vorstoß behauptet die G7, dass der Frieden im Jemen durch den politischen Übergang führt. Eine indirekte Formulierung um anzudeuten, dass sie den von der öffentlichen Meinung fortgejagten Übergangspräsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi unterstützt, der von Saudi-Arabien und Israel getragen wird.

 Afrika

Während die G7 die vorherigen Staaten ausführlich behandelt hat, macht sie sich nicht dieselbe Mühe mit Burkina Faso, Burundi, Mali, Nigeria, der Zentralafrikanischen Republik, der Demokratischen Republik Kongo, Somalia und Südsudan, sowie einigen anderen nicht einmal genannten Staaten im Tschad-Becken, in der Sahel und am Horn von Afrika. Alle werden in einem einzigen Abschnitt behandelt, der eine Menge Probleme auflistet und sie auffordert, die zwischenstaatlichen Organisationen zu stärken, um sie zu lösen. Das Pentagon hat immer noch nicht verdaut, dass das AfriCom bei seiner Schaffung von den Afrikanern nicht mit offenen Armen aufgenommen wurde.

Dieser Abschnitt ist in Anwesenheit des Präsidenten des Tschad, Idriss Déby, verfasst worden, der am Rande des Gipfels eingeladen war. Die sakrosankte amerikanische Regel, nach der kein Staatsoberhaupt mehr als zwei aufeinander folgende Amtsperioden anstreben soll, passt nicht auf dieses Land. Déby, der seit mehr als 25 Jahren ununterbrochen an der Macht ist, werden zahlreiche Verbrechen in seinem Land und im Darfur vorgeworfen, aber er ist der beste Verbündete für eine militärische Ausbreitung auf dem schwarzen Kontinent.

 Venezuela

Die G7 wünscht einen Dialog gleichzeitig zwischen der Regierung und den Bürgern wie zwischen der Regierung und dem Parlament. Diese Formulierung legt geschickt nahe, dass die Regierung ein autoritäres Regime ist, das von seinem Volk und von den politischen Parteien zugleich abgelehnt wird.

In Wirklichkeit hat Washington, dem es nicht gelungen war, 2014 Aufstände (die „Guarimba“) zu organisieren [7] und im Februar 2015 einen Staatsstreich zu realisieren [8], per Dekret verfügt, dass Venezuela „eine Bedrohung für [seine] nationale Sicherheit“ sei [9] und hat dann eine Akte fabriziert, um einen der wichtigsten bolivarischen Führer, Diosdado Cabello, als Rauschgifthändler anzuklagen [10]. Trotz der Höflichkeiten des Präsidenten Obama bei Treffen mit seinem venezolanischen Amtskollegen hat er seine Verordnung 2016 erneuert. Am 25. Februar verfassten das SouthCom und US-Spezialkräfte einen Plan zur Destabilisierung des Landes, der unglücklicherweise publik wurde [11]. Sein Ziel besteht darin, in den kommenden Jahren ein Chaos auszulösen, so wie es in der Levante gemacht wurde.

 Die Sicherheit der Meere

Die G7, die sich als Garant der maritimen Sicherheit darstellt, obwohl ihre Mitglieder die Piraten am Horn von Afrika in den Jahren 2009–10 [12] organisierten, kritisiert Pekings Ansprüche auf das Chinesische Meer, indem sie sich auf das Seerecht beruft, was absolut nicht das Problem ist.

Pekings Forderungen sind historisch legitim und haben bis zur Entdeckung der Erdöllagerstätten niemanden behindert. Die Spratley- und die Paracelsus-Inseln wurden bis ins 18. Jahrhundert als chinesisch betrachtet. Aber da sie weitgehend unbewohnt waren, schickte der Kaiser nie einen Vertreter dorthin. Bei der Kolonisierung Chinas im 19. Jahrhundert wurden sie verlassen. Faktisch können sie also heute ebensogut von Taipeh gefordert werden wie von Peking, je nachdem wie man die Entkolonialisierung interpretiert. Und natürlich verstehen die ehemaligen Kolonialmächte die Ereignisse anders als das chinesische Volk, das sie aus dem Land vertrieben hat.

 Nichtverbreitung und Abrüstung

Wir vermuten, dass die G7 für die Nichtverbreitung von Atomwaffen und die Abrüstung ist, weil ihre Worte immer friedliebend sind, obwohl ihre Praxis imperialistisch ist.

Die Heuchelei des Westens wird hier von Barack Obama verkörpert, der den Friedensnobelpreis erhielt, weil er seine Absicht angekündigt hatte, mit den Atomwaffen Schluss zu machen, dann aber, als er an der Macht war, im Gegenteil das US-Atomwaffenarsenal modernisierte und erweiterte. Direkt nach dem Gipfel begab er sich nach Hiroshima, wo er eine Rede hielt. Natürlich hat er sich nicht entschuldigt – er haftet nicht für das, was sein Vorgänger getan hat –, aber er hat auf die Frage nach der Legitimität des Atombombenabwurfs nicht geantwortet, was keinen Zweifel an seinen wahren Gedanken lässt.

Die G7 täuscht vor, nicht zu wissen, dass eine Familie es im letzten Jahr geschafft hat, sich die Atombombe zu besorgen und mindestens zwei taktische Bomben bereits im Jemen verwendet hat [13]. Dennoch ist dies eine fühlbare, viel ernstere Gefahr als diejenige, welche die nordkoreanischen Versuche darstellen. Außerdem schlägt die Tatsache, dass die Sauds diese Technologie privat und nicht in Namen ihres Staates Saudi-Arabien erworben haben, eine zusätzliche Bresche in den Atomwaffensperrvertrag.

 Reform der Vereinten Nationen und Friedenseinsätze

Wie es sich gehört, befürwortet die G7 eine Evolution der Organisation der Vereinten Nationen. Sie nutzt die Gelegenheit, ihre Unterstützung für die Entscheidungen des Gipfels über Friedenseinsätze, bei dem Präsident Obama in der Uno den Vorsitz hatte, erneut zu bestätigen.

Das Problem ist, dass selbst das Prinzip der Einsätze zur Aufrechterhaltung des Friedens im Gegensatz zur Charta der Uno steht. Bei ihrer Errichtung hatten die Gründer Beobachtungsmissionen vorgesehen, um die Umsetzung der Friedensvereinbarungen zu überprüfen. Sie waren nur bei Einigkeit zwischen den Konfliktparteien möglich und nützlich. Heute hingegen schreibt der Sicherheitsrat den Parteien seine Lösung vor, das heißt reiht sich auf der einen oder der anderen Seite ein und entsendet Streitkräfte, um sich Respekt zu verschaffen. Das ist bloß die Verkleidung kolonialer Praxis als Völkerrecht.

 Menschenrechte

Dieser kurze Abschnitt illustriert den Kern meiner Äußerungen perfekt: Wer würde gegen die Menschenrechte sein? Niemand. Jedoch stellt der Text die Achtung dieser Rechte als „eine Partnerschaft zwischen den Staaten und den Zivilgesellschaften“ vor. Damit greift er die britische Definition dieser Rechte und die von Emmanuel Kant für die bürgerliche Gesellschaft auf.

Der G7 zufolge sind die Menschenrechte ein Schutz der Individuen gegenüber der Staatsräson. Jeder soll gegen Missbrauch, den er zu erleiden glaubt, vor Gericht gehen können. Die „Bürgergesellschaft“, das heißt die politischen Akteure – früher die Nichtadeligen –, die am Leben der politischen Parteien nicht teilnehmen, sollen also die Bürger gegen den Staat vertreten können. Dieses Kauderwelsch ist die Negierung der französischen, russischen, kubanischen und iranischen Revolutionen, für die das erste Recht des Menschen darin besteht, die Legitimität der Macht zu hinterfragen und nicht sich vor ihr zu schützen. Damit bestätigt die G7, dass die neue internationale herrschende Klasse nicht vorhat, sich umstürzen zu lassen.

 Nukleare Sicherheit

Die G7 unterscheidet hier die Sicherheit der Technik (Safety) von der politischen Sicherheit der Einrichtungen (Security). Sie ruft die Aktionäre der betroffenen multinationalen Konzerne dazu auf, die internationale Konvention zu achten, die ihre Tätigkeit regelt. Und sie begrüßt den vom Weißen Haus organisierten Gipfel zur Verhütung des Diebstahls von Atomwaffen durch terroristische Gruppen.

Indem sie die Frage von möglichen Atomwaffen im Besitz von Terroristen von der Frage der Nichtverbreitung trennt, zeigt die G7 klar, dass sie keines dieser beiden Ziele ernsthaft verfolgt. Die Nichtverbreitung ist nichts anderes als das Verbot für die Nicht-Atommächte, dem Klub der Atommächte beizutreten. Der Gipfel des Weißen Hauses war ein Vorwand, damit das Pentagon jedem Staat „helfen“ und sie also besser kontrollieren kann.

Die Zukunft der G7

Die Geschichte der G7 spiegelt die Evolution der internationalen Beziehungen wider. Während des Kalten Krieges war sie ein Klub von Staats- und Regierungschefs, die sich diskret trafen, um zu lernen miteinander zu arbeiten. Nach der Auflösung der Sowjetunion verwandelte sie sich in einen Gipfel der Großen dieser Welt, die außerhalb der Vereinten Nationen bestimmen wollten. Paradoxerweise ist an ihrer gegenwärtigen Auflösung keine politische Ursache schuld, etwa die russische Revolte, sondern ein soziologischer Unterschied: Die russischen Führungskräfte sind von ähnlichem Kaliber wie diejenigen, die früher im Westen an der Macht waren; sie haben nichts gemein mit der neuen herrschenden Klasse, die sich in Davos trifft.

Übersetzung
Sabine

[1G7 Ise-Shima Leaders’ Declaration”, Voltaire Network, May 26th, 2016.

[2G7 Action Plan on Countering Terrorism and Violent Extremism”, Voltaire Network, May 27th, 2016.

[3« Plan d’action pour la prévention de l’extrémisme violent », par Ban Ki Moon, Réseau Voltaire, 24 décembre 2015.

[4Die Vereinigten Staaten verletzen den Waffenstillstand in Syrien und rüsten Al-Qaida auf“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 26. April 2016. « Qui arme les jihadistes durant le cessez-le-feu ? », par Thierry Meyssan, Télévision nationale syrienne , Réseau Voltaire, 30 avril 2016.

[5« Plainte de l’Iran au Conseil de sécurité », Réseau Voltaire, 6 mai 2016.

[6Resolution 2231(2015)“, Voltaire Netzwerk, 20. Juli 2015.

[7USA gegen Venezuela: Der Kalte Krieg wird heiß“, von Nil Nikandrov, Übersetzung Horst Frohlich, Strategic Culture Foundation (Russland), Voltaire Netzwerk, 10. März 2014. « Las “guarimbas” de Venezuela : derecha embozada », por Martín Esparza Flores, Contralínea (México), Red Voltaire , 28 de abril de 2014.

[8Obama verpasst seinen Staatsstreich in Venezuela“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 23. Februar 2015.

[10« Washington fabrique un dossier contre Caracas », Réseau Voltaire, 21 mai 2015.

[11«Operación Venezuela Freedom-2», Red Voltaire , 22 de mayo de 2016.

[12« Pirates, corsaires et flibustiers du XXIe siècle », par Thierry Meyssan, Оdnako (Russie) , Réseau Voltaire, 25 juin 2010.

[13Atom-Alarm ROT“, von Manlio Dinucci, Übersetzung Ralf Hesse, Il Manifesto (Italien) , Voltaire Netzwerk, 26. Februar 2016. « L’Arabie saoudite a la bombe atomique », par Giulietto Chiesa, Traduction IlFattoQuotidiano.fr, Réseau Voltaire, 1er mars 2016. „Der Nahe Osten nuklear bewaffnet !“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Sabine, Voltaire Netzwerk, 7. März 2016. « La bombe saoudienne (vidéo) », par Thierry Meyssan, Télévision nationale syrienne , Réseau Voltaire, 29 février 2016.