Wir hatten heute ein offenes Gespräch mit Präsident Erdoğan über die Zukunft der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei.
Auf unserer Tagung des Europäischen Rates im vergangenen Monat haben wir die Lage im östlichen Mittelmeerraum und die Beziehungen der EU zur Türkei erörtert.
Ein stabiles und sicheres Umfeld im östlichen Mittelmeerraum und ein für beide Seiten vorteilhaftes und positives Verhältnis zur Türkei sind nach wie vor von strategischem Interesse der Europäischen Union.
Wir nehmen mit Befriedigung die Fortsetzung der bilateralen Sondierungsgespräche zwischen Griechenland und der Türkei sowie den bevorstehenden Besuch des griechischen Außenministers in der Türkei zur Kenntnis.
Was Zypern betrifft, so setzt sich die EU weiterhin für die Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Lösung des Themas ein. Als aktiver Beobachter unterstützt die EU voll und ganz den unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen durchgeführten Prozess, und wir sehen dem informellen Treffen, das in einigen Wochen stattfinden wird, erwartungsvoll entgegen. In den letzten Monaten haben wir eine Deeskalation erlebt. Dies ist eine positive Entwicklung, die sich fortsetzen und festigen muss.
Wir haben Präsident Erdoğan darauf hingewiesen, dass die EU bereit ist, eine konkrete und positive Agenda auf den Tisch zu legen, die sich auf drei Säulen stützt: wirtschaftliche Zusammenarbeit, Migration und Kontakte zwischen Menschen und Mobilität. Unser Engagement wird schrittweise, verhältnismäßig und reversibel sein. Und wir hoffen, dass die Türkei diese Gelegenheit nutzen wird.
Wie sehen wir die Dinge konkret? Die EU ist mit Abstand der wichtigste Handelspartner der Türkei. In einer Reihe von Bereichen wird eine wirtschaftliche Zusammenarbeit erwogen. Der Europäische Rat ersucht die Kommission, mit den Vorarbeiten zu beginnen.
Wir werden auch Dialoge auf hoher Ebene über Fragen von beiderseitigem Interesse, wie regionale Fragen, öffentliche Gesundheit, Klima und Terrorismusbekämpfung, in Betracht ziehen. Darüber hinaus werden wir prüfen, wie die Zusammenarbeit im Bereich der Kontakte zwischen den Menschen und der Mobilität verstärkt werden kann.
Was die Migration betrifft, so sind wir uns der Tatsache sehr sicher, dass die Türkei 4 Millionen syrische Flüchtlinge aufnimmt, und wir stimmen zu, dass die Hilfe der Europäischen Union fortgesetzt wird. Die Kommission wird in Kürze einen Finanzierungsvorschlag für syrische Flüchtlinge in der Türkei, Jordanien und Libanon vorlegen.
Die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Grundrechte sind Grundwerte der EU. Wir haben Präsident Erdoğan auf die tiefe Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei in dieser Hinsicht, insbesondere in Bezug auf die Meinungsfreiheit, und die Tatsache hingewiesen, dass politische Parteien und die Medien ins Visier genommen werden.
Die Förderung der Rechte der Frauen und der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention sind Anlass zu ernster Sorge in Europa. Heute Morgen hatte ich ein sehr interessantes Treffen zu diesen Themen mit Vertretern der Vereinten Nationen und der UN-Women. Der Dialog über diese Fragen ist nach wie vor ein wesentliches Element der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei.
Wir haben auch über regionale und außenpolitische Fragen diskutiert. Es gibt immer noch Unterschiede, aber es eröffnen sich neue Perspektiven für Frieden und Stabilität, insbesondere in Libyen, wo ich am vergangenen Sonntag war. In diesem Zusammenhang senden wir eine wesentliche Botschaft: Alle ausländischen Kämpfer und Militärs müssen das libysche Territorium verlassen.
Die Schaffung von Beziehungen zur Türkei, die auf Zusammenarbeit beruhen und für beide Seiten von Vorteil sind, liegt im strategischen Interesse der Europäischen Union. Gleichzeitig sind wir entschlossen, die Interessen der EU und der Mitgliedstaaten zu vertreten und unsere Werte zu fördern.
Diese progressive Agenda, die wir vorschlagen, ist eine ausgestreckte Hand. Es ist Aufgabe der Türkei, sie entschlossen und dauerhaft zu ergreifen. Die EU ihrerseits ist bereit, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Auf unserer Tagung des Europäischen Rates im Juni werden wir die erzielten Fortschritte bewerten. Vielen Dank.
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