Die Bolivarische Revolution ist kein Zufall der Geschichte, sondern vielmehr das Ergebnis einer Nationalen Geschichte und ihrer Verlängerung. 1989 lässt ein sozialdemokratischer Präsident auf das Volk schießen. Der "Caracazo" [Schlag von Caracas] verursachte etwa 3000 Tote. An diesem Tag sind die (Liberale) Überparteilichkeit und der AD/COPEI-Wechsel gescheitert. Die jungen „bolivarischen“ Soldaten, die den patriotischen, misslungenen "Golpe" von 1992 versuchten und ihn verantworteten, hatten nicht die Absicht, das kubanische Modell zu kopieren, sondern „die Arbeit von Bolivar zu beenden.“

Die venezolanische Revolution ist weder in dem Gepäck der Roten Armee oder in dem der revolutionären Streitkräfte Kubas eingetroffen, wie man es früher umgangssprachlich sagte. Es handelt sich um einen einzigartigen, originalen, endogenen Prozess.

Chavez und die Volksbewegung haben sich in einer dialektischen Beziehung der Wechselwirkung "radikalisiert", besonders aufgrund der bornierten Feindseligkeit Washingtons (wie in Kuba 1959-1960) und der inszenierten (oder durch die vom "Riesen des Nordens“ unterstützten) destabilisierenden Manöver. 1998 lag Hugo Chávez eher auf der Seite des "dritten Weges", dem so geliebten Weg von Tony Blair.

Wenn der "Comandante" Chavez auch dazu gekommen ist, den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" zu befürworten, entwirft er ihn als eine Baustelle und als ein Hinwegkommen über den Kapitalismus durch Wahl, durch repräsentative partizipatorische Demokratie, unter Achtung des politischen Pluralismus. Er basiert ihn auf den Ideen-Kampf, auf die Mobilisierung und Einbindung der Menschen in "kommunale Räte ", "sozialistische Gemeinden", auf Sozialisation... Es gibt viele Aussagen von Hugo Chavez, in denen er den "Sowjetismus", den Dirigismus, den Ein-partei-Staat ablehnt.

Also warum ist dann die venezolanische Affäre so lähmend für die meisten westlichen Intellektuellen? und so schwer anzunehmen? Sie ist eine ethische Debatte und eine wichtige Politik für die Befreiung der Zukunft, in Lateinamerika und anderswo.

Es ist klar, dass die Solidarität mit einer täglich durch den mächtigsten der Imperialismen bedrohten Revolution nicht auf Augenhöhe mit der Putsch-Politik der Opposition ist, die bestrebt ist, mit Gewalt zu handeln, unabhängig von dem Wahlkalender und den Vereinigten Staaten, die gerne wieder ihren Würgegriff auf die riesigen Öl-Reserven von Venezuela legen wollen.

Ich kenne viele Aktivisten, ganz ganz linke Wähler, die durch die unaufhörlichen Medien Hype und konstante Stigmatisierung der Bolivarischen Revolution und der demokratisch gewählten Führungsleute zurückgehalten werden. Für den größten Teil der öffentlichen Meinung ist das Bild von Venezuela schlecht, freiheitsfeindlich. Sozialliberale und Neo-liberale sind einverstanden, auf Grundlage von a priori Meinungen, gestern Hugo Chavez, heute Präsident Nicolas Maduro zu verunglimpfen, oft auch zu kriminalisieren. In Caracas haben ihre "demokratischen" Freunde die Wahl von Nicolas Maduro nicht anerkannt, im Gegensatz zur internationalen Gemeinschaft.

Der ideologische Beschuss ist so heftig, dass, selbst wenn nichts passiert, man die Chavez-Anhänger beschuldigt. Die aufgeheizte Öffentlichkeit scheint, auf den ersten Blick, geringe Akzeptanz für unsere Argumente zu haben. Sollten wir daher „klein beigeben“, vor der herrschenden Ideologie zurückweichen? Es wäre selbstmörderisch, aus beider Sicht, des Internationalismus und unseres Kampfes in Frankreich.

Mit der Verteidigung von Venezuela macht man wahrscheinlich nicht Karriere, sind vielleicht nicht Millionen Stimmen zu gewinnen. Auf der anderen Seite gewinnt man an politischer Kohärenz, an Treue zu grundlegenden Werten für die Arbeiter- und die Revolutionär-bewegung.

Der Mut, wenn es darum geht, gegen den Strom zu schwimmen, Stürmen die Stirne zu bieten, ohne seinen Kurs zu verlieren, wird sich letztlich immer auszahlen. Gestern, was scheinbar die Solidarität verhinderte, waren die freundschaftlichen Beziehungen von Chavez mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad. Und heute?

Wer sagte übrigens, dass internationalistische Solidarität Blindheit, Bedingungslosigkeit mit sich brächte? Sie setzt eine großzügige, offene, hellsichtige, selbst eine kritische Haltung voraus, (ohne jenen "Lektionen zu erteilen", die die Geschichte machen).

Unser Blick bleibt zu sehr Europa-zentriert. Europa und seine progressiven Parteien sind nicht mehr der Nabel der Welt, noch eine Referenz für unsere "latino"-Kameraden. Ohne Nostalgie für jegliches Modell, wir haben jedoch viel aus den Erfahrungen des sozialen Wandels in Venezuela, Bolivien, Ecuador... zu lernen, den laufenden revolutionären Fortschritten. Jeder Sieg der Völker Lateinamerikas ist auch unserer.

In Caracas, La Paz, Quito, Havanna, wie gestern in Madrid, findet die Möglichkeit statt, das Leben und die Welt zu ändern. Dies erfordert von unserer Seite eine politische und praktische Solidarität, die über die Pressemitteilungen und die guten Absichten hinausgeht.

Übersetzung
Horst Frohlich