Beispiel für anti-russischen Artikel im Wall Street Journal (4. November 2014)

Ich bin in St. Petersburg, in der zweiten russischen Stadt mit fast 6 Millionen Einwohnern und Juwel des Humanismus, und in Interaktion mit den Russen: da kann ich nicht verstehen, wie man sich vorstellen kann, dass Russland von Europa getrennt sein könnte, sei es kulturell, wirtschaftlich oder politisch, und noch mehr, vom Westen im Allgemeinen, wie es die Orwellsche angelsächsische Propaganda wünschen würde, die die semantische Verzerrung (auf Englisch "misnomer") bis zu dem Punkt praktiziert, um wohl Japan im G-7 aufzunehmen, trotz seines starken orientalischen Zuges, was seine Geographie und seine Kultur angeht, aber nicht Russland.

Das Wall Street-City Duo, das feige und unbeliebte Regierungen scharf kontrolliert (Obama genauso wie David Cameron von den Bürgern gehasst) baut daher das ethnisch gelbe und kulturell orientalische Japan ein und schließt das weiße und westliche Russland von seinem neuen verlorenen und korrupten Westen aus.

In einem holistischen Blick stellt Sankt-Petersburg, die westlichste Metropole Russlands, man muss es noch einmal sagen, eine der modernen Humanisten-Hochburg der wirklichen westlichen Zivilisation dar: mit seinen unvergleichbaren russischen Balletts des Mariinsky Theaters bis zum wunderbaren Eremitage, das die größte Sammlung von Gemälden des Westens besitzt, ohne andere Attribute zu nennen, seine Kirchen des christlich-orthodoxen Ritus (die anfangs von Rom übernommene halb-orientale Religion und dann über die neuen Romstädte, die Byzanz und schließlich Moskau waren), und seine durch ihre Architektur so italienische Traum-Paläste, die auch Großbritannien, Frankreich und Deutschland zusammenfassen scheinen.

Der ganz große chinesische Gelehrte Konfuzius sagte, dass das höchste Zeichen des Chaos in der sprachlichen Verwirrung liegt. Russland sowohl vom verstorbenen G-8 als auch von der Entelechie eines von den geopolitischen Imperativen des angelsächsischen Duos verdorbenen Westens auszuschließen, und noch dazu in grotesker Weise Putin mit Hitler zu vergleichen, obwohl es Russland war, das die Niederlage des Nazi-Deutschlands gestattete, ist das Zeichen für den tiefen Verlust der Synderesis [1] und ist der Beweis einer verbalen Inkontinenz.

Eine weitere Verwirrung mit geopolitischen Wurzeln ist die byzantinische Frage, ob es sich um einen neuen Kalten Krieg handelt, gemäß der feierlichen Warnung von Henry Kissinger und Mikhail Gorbatschow, oder ob es ein multidimensionaler von ökonomischen Interessen dominierter Krieg ist, (von Wladimir Putin erwähnt) [2] welcher, in einem inzwischen berühmten Interview im deutschen Fernsehen ARD [3] ausrief, dass die NATO und die USA auf der ganzen Welt, bis nahe zu den Grenzen des russischen Territoriums militärische Stützpunkte hätten, und dass ihre Zahl immer weiter wachse. Nach diesem Aufsehen gab Putin zu, dass mit Blick auf die Entscheidung der NATO, Spezialeinheiten nahe der russischen Grenze bereitzustellen, Moskau tatsächlich mit ähnlichen Übungen, zum Beispiel im Golf von Mexiko, reagiert habe.

Der neue Kalte Krieg wurde kalt erklärt, und die Epitome [Kurzfassung Anm.d.Ü] ist ein Wirtschaftskrieg, dessen gewollter Einsturz des Ölpreises einen entscheidenden Angriff gegen Russland bedeutet.

In einem langen Dokument [4], beschreibt Wladimir P. Kozin - Chef der Berater des russischen Instituts für strategische Studien - den "zweiten Kalten Krieg", den die USA und die NATO Russland aufgedrängt haben, und fragt sich, wie man ihn überwinden kann; Hier sind seine vier Axiome:

1. Die USA und die NATO-Verbündeten müssen alle militärischen Gebilde nahe der russischen Grenze einstellen, was eine Reihe von strategischen bereits abgeschlossenen Abkommen über konventionelle und Kern-Waffen betrifft, und diese Länder müssen Russland als permanenten Verbündeten berücksichtigen und nicht als ständigen Feind.

2. Alle wirtschaftlichen und finanziellen „Sanktionen“ gegen Russland müssen aufgehoben werden.

3. Die Ukraine sollte versprechen, seinen Status als blockfreies und nicht-nukleares Land für immer beizubehalten. Man beachte, dass zum Zeitpunkt der Auflösung der UdSSR, die Ukraine einen Teil ihrer Atomwaffen, genauso wie Weißrussland und Kasachstan zurückgegeben hat, ohne auch nur im geringsten von der undankbaren internationalen Gemeinschaft entschädigt worden zu sein.

4. Die internationale Gemeinschaft sollte konsequent gegen Versuche zur Wiederbelebung der Grauen des zweiten Weltkrieges vorgehen und ernsthaft jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, aggressiven Nationalismus und Chauvinismus bekämpfen.

Diese vier Punkte müssen auf einem USA-Russland Sondergipfel besprochen werden, aber nicht mit Barack Obama, weil der Geostratege Kozin der Auffassung ist, dass es in der Zeitspanne, die ihm als Präsident bleibt, "unmöglich" sei.

Er fügte hinzu, dass am Vorabend eines Atomkriegs, die Kriege von heute Hybride von konventionellen Kriegen und asymmetrischer Cyber-Desinformation seien, durch Eindringen in innere Angelegenheiten anderer, die in ein kontrolliertes Chaos und in Stellvertreterkriege („proxy wars“) von Alliierten ausarten.

Kozin spricht sich für eine allgemeine Entspannung aus, die "nach dem Grundsatz der unipolaren Welt, eine gegenseitige Sicherheitsgarantie“ schaffen soll.

Es gibt eine tiefe und persönliche Abneigung gegen Obama bei den russischen Geostrategen, aber sie erreicht nicht das Niveau der massiven russlandfeindlichen Haltung des Polnisch-Kanadischen-US-Amerikaners Brzezinski.

Nachdem Brzezinski der UdSSR in Afghanistan eine tödliche Falle gestellt hatte, erwog er, das, was von Russland in drei Teilen geblieben sein würde, zu balkanisieren, um die Ukraine der NATO einzuverleiben, wie er es in seinem jetzt veralteten Buch „das große Schachbrett“ geschrieben hat, ein Buch, das weder die Niederlagen des US-Militärs im Irak und Afghanistan noch die Einführung der neuen geostrategischen Dreipoligkeits-Ordnung (Russland USA, China) vorausgesehen hat.

Der wahre geo-strategische Berater von Obama ist niemand anderer als der gleiche Brzezinski, einst Berater für Nationale Sicherheit von Carter, aber noch immer, im Alter von guten 86 Jahren, von seinen atavistischen Phobien gequält.

Die russischen Geostrategen haben alle Hoffnung auf eine Einigung mit Obama verloren - Frieden also unmöglich - während Letzterer volles Interesse daran hat, den ukrainischen Konflikt einzufrieren, bis er den Befehl einem feindlichen Kongress übergeben hat.

Vielleicht ziehen die Russen vor, auf den nächsten Präsident der USA zu warten, innerhalb von drei Jahren, um zu verhandeln.

Das wäre ein subjektiver optischer Fehler, den russischen und amerikanischen Agenten eine Politik zuzuschreiben, die das Produkt ihrer Kriegsmaschinen und einiger Interessengruppen sind.

Die Haltung eines Think-Tanks der Größe von dem russischen Institut für strategische Studien hat wenig Beziehung mit der Trivialität des psychologischen Krieges, mit der bösartigen schwarzen Propaganda, die die Seiten der angloamerikanischen Finanz-Schriften füllt, vom The Economist, bis zum Wall Street Journal, die aus ihrem Börsen-Komfort heraus nicht aufhören, einen Krieg zwischen den USA und Russland anzuzetteln.

Haben sie denn genug Atom-Bunker, wo sie sich verschanzen können wenn’s soweit ist, diese unheilvollen Banker von Wall Street und der City?

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
La Jornada (Mexiko)
Die größte spanischsprachige Tageszeitung der Welt.

[1Die Synderesis ist in der Theologie der höchste Teil der Seele. Andere Begriffe werden auch verwendet, um sie zu benennen, wie "Funken der Seele".

[2«"Guerra económica" del G-7 vs. BRICS: Putin compra oro», Alfredo Jalife-Rahme, La Jornada, 23 novembre 2014.

[3ARD Interview with Vladimir Putin”, by Vladimir Putin, Voltaire Network, 17 November 2014.

[4US-NATO’s Cold War 2.0 With Russia. How to Reverse the Tide of Global Warfare?”, by Vladimir P. Kozin, Oriental Review, Voltaire Network, 30 October 2014.