Die Initiativen des neuen iranischen Präsidenten, Scheich Hassan Rohani, haben sich von der anti-imperialistischen Linie des Imam Khomeini weit abgewendet. Es scheint, als habe der oberste Führer, der Ayatollah Ali Khamenei, der die Wahl von Rohani begünstigt hatte, heute die Absicht, das Abkommen, das er heimlich mit den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union ausgehandelt hat, zu sabotieren. Washington will davon nichts wissen und bereitet seinen "Plan B" vor.
Das Projekt des Scheich Hassan Rohani
Seit der Revolution Khomeini unterstützt der Iran alle antiimperialistischen Bewegungen im Nahost, unabhängig von der Religion ihrer Mitglieder. Diese Richtlinie ist jedoch stark von der "grünen Revolution" 2009 angefochten worden. Damals sagte der Kandidat der ’Modernisten’, Mir Hossein Mussawi, in seinem Wahlkampf, obwohl er den Widerstand der Hamas und der Hisbollah begrüßte, dass es nicht die Aufgabe der Iraner wäre, für die Waffen oder den Wiederaufbau von Palästina und dem Libanon aufzukommen. Sobald er gewählt war, im Jahr 2013, verwirrte der neue Präsident Scheich Hassan Rohani die Kommentatoren, indem er einen Schlüssel schwenkte und verstehen ließ, dass er den iranischen Reichtum in den Dienst seines Volkes stellen würde, statt riskante Widerstands-bewegungen zu finanzieren, von denen manche nicht einmal Schiiten sind. Aber das iranische Volk maß dieser Auseinandersetzung, die es zu Unrecht als politisches Manöver betrachtete, nur wenig Bedeutung bei.
Anlässlich seiner Wahl hat Scheich Rohani eine große Hoffnung in seinem Land ausgelöst, weil die Wähler der Überzeugung waren, er würde ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union erreichen, das die "Sanktionen" beenden und ihre Kaufkraft verbessern würde. Heute hat Iran wieder die Möglichkeit, sein Öl auf dem Weltmarkt zu verkaufen und besitzt somit Devisen. Die nationale Währung, der Rial, hat sich jetzt stabilisiert.
Wir nähern uns nun dem Ausgang: Scheich Rohani hat heimlich ein Abkommen mit Washington und Brüssel ausgehandelt, das er bald veröffentlichen sollte [1]. Und diese Vereinbarung geht viel weiter als die Worte von Mir Hossein Mussawi, vor fünf Jahren. Es handelt sich ganz einfach darum, den Iran in das westliche Lager zu kippen, trotz seines neuerlichen Zutritts zu der Shanghai Kooperations-Organisation (SCO).
Gemäß diesem Abkommen würde Iran sein Gas der Europäischen Union liefern. So könnte sie ihre Abhängigkeit von der Russischen Föderation überwinden und einen neuen Kalten Krieg beginnen. Darüber hinaus würde dieses Gas China und seiner Entwicklung abhanden kommen. [2].
Am 24. September traf sich Scheich Rohani mit seinem österreichischen Amtskollegen Hans Fischer am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen; Österreich sorgt für das Management des Pipeline-Projekts Nabucco. Die beiden Männer haben über die Finanzierung der Verbindung der iranischen Öl und Gas Felder gesprochen, deren Kosten sich auf $ 8,5 Milliarden belaufen würden. Eine Megabaustelle, die viel Korruption generieren sollte.
Die Vereinbarung sollte der Kontroverse über die angebliche Atombombe, die der Iran seit der Wahl von Mahmoud Ahmadinedschad im Jahr 2005, "in ein paar Wochen“ haben sollte, ein Ende setzen [3].
Der Konflikt zwischen Pro-amerikanern und Anti-Imperialisten
Anders als eine einfache von der Atlantiker-Propaganda verbreitete Idee, entstand die islamische Revolution nicht mit dem schiitischen Klerus, sondern gleichzeitig gegen den Schah und gegen ihn. Der Klerus qualifizierte selbst Ayatollah Khomeini als "schismatisch", bis er dann der Volksbewegung folgte und sich schließlich dem Imam anschloss. Die Beziehungen zwischen den Revolutionären und dem Klerus wurde während des von dem Irak verhängten Krieges wieder schlechter: zu dieser Zeit entdeckten die Wächter der Revolution - worunter Mahmoud Ahmadinedschad -, dass die Kinder des Klerus an der Front fehlten.
Jahrhundertelang benutzte und missbrauchte der schiitische Klerus seine Macht im Iran. Die Revolution von Ayatollah Ruhollah Khomeini war ebenso eine Reform des Schiismus als auch ein Kampf für die nationale Befreiung. Vor ihm betrauerten die schiitischen Iraner viel den Tod des Imam Ali, nach ihm versuchten sie, ihn zu imitieren und die Ungerechtigkeit zu bekämpfen.
Wenn auch alle die gleichen Prinzipien verteidigen, machen sie es nicht auf die gleiche Weise: sowohl die Geistlichkeit (Scheich Hassan Rohani ist heute ihr Vertreter), als auch die "Kräfte der Revolution" (hauptsächlich durch die Brüder Laridschani vertreten) sind für Zwang, während die anti-Imperialisten (deren Vertreter Mahmoud Ahmadinedschad ist) das gute Beispiel befürworten. So geriet Präsident Ahmadinedschad während seiner Mandate mit der Sitten-Polizei in Konflikt und nahm gegen die Pflicht der Frauen einen Schleier zu tragen und die starke Empfehlung für Männer einen Bart zu tragen, öffentlich Stellung. Der Konflikt wurde so akut, dass Mitarbeiter des Präsidentenamtes verhaftet und mehrere Monate wegen "Hexerei" (SIC!) eingesperrt wurden.
Der Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei, der ein bevorzugter Schüler von Ayatollah Ruhollah Khomeini ist, hat Kräfte die die des Präsidenten der Republik übersteigen, aber er kann nur selten eingreifen. In den letzten Jahren versuchte er, die Initiativen des turbulenten Mahmoud Ahmadinedschad einzuschränken und ihn zu zwingen, seine Allianz mit den Brüdern Laridschani beizubehalten. Präsident Ahmadinedschad ist damals mit ihm zusammengeprallt, vor allem wegen der Wahl seines Vizepräsidenten Esfandiar Rahim Mashaei, der schließlich zum Rang eines Kabinettschefs des Präsidenten abgekanzelt wurde. Schließlich zerfiel die Allianz zwischen Ahmadinedschad und den Laridschanis in einer giftigen Atmosphäre des öffentlichen Vorwurfs für Korruption [4].
Die Reaktionen auf das Projekt von Scheich Hassan Rohani
Mehr als ein Jahr nach seiner Wahl ist die Popularität von Scheich Rohani stark gefallen, die öffentliche Meinung ist gespalten zwischen denjenigen, die ihm vorwerfen nicht viel geändert zu haben und denjenigen die ihn beschuldigen, eine soziale Klasse auf Kosten der Mehrheit bevorzugt zu haben. Es ist klar, dass wenn Mahmoud Ahmadinedschad erlaubt wäre bei den nächsten Präsidentschaftswahlen Kandidat zu sein, er schon in der ersten Runde gewählt werden würde. Es ist jedoch zweifelhaft, ob sich die Gelegenheit bietet. Im Jahr 2013 wurde seinem Kandidaten, Esfandiar Rahim Mashaei, verboten zu konkurrieren, obwohl Umfragen ihn als Gewinner der zweiten Runde gaben. Daher wird alles getan werden, um Ahmadinedschad von der Wahl von 2017 auszuschließen.
Wie auch immer, der ehemalige Präsident war noch nie so aktiv wie heute. Er mobilisiert sein Lager und scheint sicher zu sein, eine Wende des Iran ins Atlantiker-Lager verhindern zu können. Zeichen seines wahrscheinlichen Sieges, der oberste Führer hat seine Unterstützer eine internationale antiimperialistische Konferenz organisieren lassen, obwohl er im vergangenen Jahr dagegen war [5]. Ajatollah Ali Khamenei wird sogar dort vertreten sein. Er sollte also sein Veto gegen das Projekt Rohani einlegen.
Für die Anhänger Khomeinis würde dieses Projekt bedeuten, die Revolution zu vernichten und in die Zeit des Schahs zurückzugehen. Der Iran würde auf seinen politischen Einfluss verzichten und sich dem internationalen Handel zuwenden. Auf nationaler Ebene bedeutet das wieder Opulenz für die Führungsschichten, aber nicht unbedingt für die Bevölkerung. Übrigens würden die Völker des Nahen Ostens, die Siege gegen Washington, London und Tel Aviv, vor allem im Libanon, im Gaza-Streifen, Syrien und Jemen einheimsen, wieder allmählich Waisen und ohne Mittel sein.
Der "Plan B" der Vereinigten Staaten
In dem wahrscheinlichen Fall - außer dem vorzeitigen Tod des obersten Führers - dass der Rohani Plan scheitert, bereitet Washington schon seinen "Plan B" vor: eine große Destabilisierung des Landes, weitaus mächtiger als die von 2009. Damals ging es darum, eine Fälschung der Präsidentschaftswahlen den Iranern vorzugaukeln, die die Pro-amerikaner hätten gewinnen sollen [6]. Diesmal sollte es ein Remake der syrischen Pseudo-Revolution ab 2011 sein.
Seit fünf Jahren erstellt Washington und lässt mehr als 70 Farsi-sprachige Satelliten-TV Sender erstellen, obwohl diese Sprache nur etwa 100 Millionen Sprecher weltweit hat, wovon 80 Millionen im Iran. Jeder Verbündete der Vereinigten Staaten, von der Europäischen Union bis Südkorea wurde gebeten, um Sendungen für die Iraner auszustrahlen. Wenn all diese Medien zur gleichen Zeit eine falsche Nachricht brächten, würde diese sicher den Iranern als richtig erscheinen, da viele von ihnen dem nationalen Fernsehen nicht mehr trauen und es auch für zu militant oder auch zu puritanisch halten.
Außerdem weiß niemand, wer für die iranische Zensur im Internet verantwortlich ist. Um die Verbreitung von Pornografie zu verhindern, sind die Videos alle unzugänglich und eine Menge Website ebenfalls. Jedoch hat jeder Iraner einen Proxy, der ihm ermöglicht, die Zensur zu umgehen. Das einzige Ergebnis dieser Praxis ist, der Diskredit des Staates; eine Situation, die die Vereinigten Staaten nicht versäumen werden auszunutzen.
Daher kann man vorhersagen, dass im Fall eines Scheiterns von Scheich Hassan Rohani, Washington falsche Nachrichten senden wird, die das Publikum glauben wird. Mit der Digitaltechnik ist es möglich, fiktive Nachrichten zu fabrizieren, wie es in Libyen (mit dem Sturz der libyschen Dschamahirija 4 Tage zuvor geschah, um die Bevölkerung zu demoralisieren) und in Syrien (mit vielen Demos, die alle sehen konnten, die aber nie existiert haben) geschah.
Die Ablehnung des Entwurfs von Rohani wird daher nur das Signal einer neuen Konfrontation geben.
[1] „Die Kapitulation von Iran“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 2. Dezember 2013.
[2] « La géopolitique des pipelines à un tournant capital », par Melkulangara K. Bhadrakumar, Traduction Nathalie Krieg, Asia Times Online, Réseau Voltaire, 1er février 2010 (Auch auf Englisch). „Iran, Schlacht um Gaspipelines “, Übersetzung Horst Frohlich, von Manlio Dinucci, Il Manifesto (Italien), Voltaire Netzwerk, 29. März 2012.
[3] „Wer hat Angst vor der zivilen Atomkraft von Iran?“, Übersetzung Horst Frohlich, von Thierry Meyssan, Voltaire Netzwerk, 5. Dezember 2013.
[4] „Ahmadinedschad, der Unsinkbare“, von Thierry Meyssan,Übersetzung Horst Frohlich, Al-Watan (Syrien), Voltaire Netzwerk, 23. Februar 2013.
[5] Die New Horizons-Konferenz fand vom 29. September bis zum 1. Oktober 2014 in Teheran in einer Atmosphäre der nationalen Einheit statt. Ajatollah Abbas Hosseini Qaem-Maqami, Saïd Jalili (der bei den Präsidentschaftswahlen gegen Hassan Rohani antrat) und Mohammad Javad Laridschani beteiligten sich an ihrer Eröffnung.
[6] „Die CIA und das Iran-Experiment“, « Pourquoi devrais-je mépriser le choix des Iraniens ? » (Auch auf Englisch), « La « révolution colorée » échoue en Iran » (Auch auf Englisch), von Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 30., 21 et 24 Juni 2009. “Iranian Elections: The ‘Stolen Elections’ Hoax”, by James Petras, Voltaire Network, 19 June 2009, (« Iran : le bobard de l’« élection volée » », par James Petras, Traduction Marcel Charbonnier, Réseau Voltaire, 19 juin 2009).
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